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12.07.2023

Ergebnisse der Allensbach-Studie „Niedersachsen 2023.“: Rot-Grün verliert Mehrheit, die Niedersachsen leiden unter den Energiekosten und sprechen sich klar gegen den Atomausstieg aus

Hannover, am 12. Juli 2023

In aller Kürze:

  • Sonntagsfrage: Rot-Grün verliert Mehrheit, AfD überholt die Grünen
  • Ministerpräsident Stephan Weil ist bekanntester Politiker und erfreut sich breiter Zufriedenheit
  • Sozialdemokraten in Niedersachsen gewohnt stabil und emanzipiert vom Bundestrend
  • Energiepreise belasten sieben von zehn Niedersachsen
  • 59 Prozent der Niedersachsen sind gegen den Atomausstieg
  • Interesse an E-Autos ist rückläufig, primär wegen hoher Anschaffungskosten


Rot-Grün aktuell ohne Mehrheit, AfD ist drittstärkste Kraft

Die bundespolitische Stimmungslage schlägt, wenn auch abgeschwächt, auf die politische Stimmung in Niedersachsen durch mit dem Ergebnis, dass die gegenwärtige Koalition aus SPD und Grünen bei einem Wiedereinzug der FDP in den Landtag, von dem derzeit auszugehen ist, die Mehrheit verlieren würde. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach (IfD) im Auftrag der Drei Quellen-Mediengruppe. Die Meinungsforscher von Bodensee befragten hierfür eine repräsentative Stichgruppe von 1.101 Niedersachsen zwischen Mitte Mai und Ende Juni. SPD und Grüne verlieren demnach in Summe knapp drei Prozent gegenüber dem Landtagswahlergebnis vom letzten Oktober, die derzeitigen Oppositionsparteien legen rund vier Prozent zu. Bemerkenswert dabei ist, dass dabei die AfD ihr Stimmenergebnis um drei Prozent deutlich verbessern und die Grünen damit als drittstärkste Kraft ablösen würde. Die FDP wäre voraussichtlich wieder im Landtag, die CDU verbessert sich gegenüber dem Landtagswahlergebnis leicht.


Zugpferd Stephan Weil - Sozialdemokraten in Niedersachsen gewohnt stabil

Die SPD als Landes- und als Bundespartei wird in den Augen der Niedersachsen insgesamt sehr unterschiedlich beurteilt: 53 Prozent der Niedersachsen missfällt die SPD als Bundespartei zurzeit, nur 17 Prozent sehen sie positiv. Dagegen fällt das Urteil über die Landes-SPD vergleichsweise positiv aus: 37 Prozent gefällt sie gut, 30 Prozent nicht gut. Die niedersächsische SPD kann sich somit deutlich vom Negativtrend der Bundespartei abkoppeln. Dies liegt womöglich auch an der hohen Popularität des Ministerpräsidenten: 90 Prozent der Niedersachsen kennen Stephan Weil, 65 Prozent haben von ihm und seiner Arbeit eine gute Meinung. Lediglich 22 Prozent äußern sich kritisch zu seiner Person. An zweiter Stelle der „Beliebtheitsskala“ folgt Wirtschaftsminister Olaf Lies mit einem Bekanntheitsgrad von 48 Prozent; 28 Prozent der Befragten haben von ihm eine gute Meinung. Auf dem dritten Platz befindet sich Grant Hendrik Tonne (44 Prozent Bekanntheit, 20 Prozent positive Meinung), gefolgt von Innenministerin Daniela Behrens (39 Prozent Bekanntheit, 22 Prozent positive Meinung), Kultusministerin Julia Willie Hamburg (30 Prozent Bekanntheit, 11 Prozent positive Meinung) und auf dem sechsten Platz CDU-Chef Sebastian Lechner mit einer Bekanntheit von 24 Prozent. Elf Prozent der Befragten haben eine gute Meinung von seiner Person. Dr. Volker Schmidt, Geschäftsführer der Drei Quellen-Mediengruppe fasst zusammen: „Man kann also den Ministerpräsidenten durchaus als „Stabilitätsanker“ der niedersächsischen SPD in unruhigen Zeiten bezeichnen. Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger schätz ihn und seine Arbeit. Und es gelingt ihm, seine Niedersachsen-SPD gegen den Negativ-Trend der Sozialdemokratie auf Bundesebene weitgehend zu immunisieren.“

Zukunftskompetenz der Parteien – Gegensätzlicher Trend in Bund und Land

Gefragt nach der Zukunftskompetenz der Parteien, unterscheiden die Niedersachsen sehr ausgeprägt zwischen Bundes- und Landespolitik: Auf die Bundesebene bezogen trauen die Niedersachsen am ehesten der Union zu, die Probleme und Herausforderungen der Zukunft zu lösen, wenn auch auf niedrigem Niveau: 26 Prozent gegenüber 21 Prozent, die der SPD Zukunftskompetenz zuschreiben. Dazu Schmidt: „Wenn gleichwohl nicht einmal mehr jeder zweite Befragte den beiden großen Parteien die notwendige Zukunftskompetenz zur Lösung der großen Herausforderungen der Bundesrepublik Deutschland zuschreibt, markiert dies einen weiteren Hinweis auf einen nachhaltigen Vertrauensverlust in die sogenannten ‚etablierten‘ Parteien.“

Auf Landesebene sieht die Einschätzung anders aus: Die Union bleibt bei 26 Prozent, der SPD sprechen 34 Prozent die größte Zukunftskompetenz zu. Ausschlaggebend hierfür ist vor allem die größere Geschlossenheit der Anhänger der SPD gegenüber der Politik der Landespartei. Denn während von ihnen 79 Prozent der Landes-SPD die größere Zukunftskompetenz zusprechen, sagen dies mit Blick auf die Bundespartei nur 59 Prozent der SPD-Anhänger.

Niedersachsen sind mehrheitlich gegen den Atomausstieg – Energiepreise belasten Bürger stark

Die Niedersachsen blicken alles andere als entspannt auf die Sicherheit der Energieversorgung. Für 52 Prozent ist die Energiekrise nicht beendet, sie befürchten in Zukunft Versorgungsprobleme. 69 Prozent der Niedersachsen fühlen sich durch das bereits erreichte Niveau der Energiekosten stark oder sehr stark belastet, von den Mietern klagen sogar 74 Prozent über hohe Belastungen. Schmidt: „Da unter den energiepolitischen Prämissen der Bundesregierung zumindest auf mittlere Sicht die Zeichen auf eine weitere Verteuerung der Energiekosten – unabhängig von der Quelle – hindeuten, dürfte dem Thema auch nach dem 30. April 2024, also dem spätesten Zeitpunkt des Auslaufens der Energiepreisbremse, eine hohe Bedeutung für die politische Meinungsbildung beikommen.“

Nach wie vor beurteilt daher eine große Mehrheit der Bevölkerung den Ausstieg aus der Kernenergie negativ (59 Prozent), während nur 23 Prozent den Ausstieg weiter befürworten. Dabei befinden sich unter den Gegnern des Ausstiegs aus der Kernenergie insbesondere diejenigen, die einen starken Anstieg ihrer Heizkosten befürchten (69 Prozent). Spannend ist, dass auch die Anhänger der SPD mit 51 Prozent mehrheitlich gegen den Atomausstieg sind. Im Unterschied zu allen anderen Parteien ist der Atomausstieg lediglich bei den Anhängern der Grünen populär. Dazu Dr. Volker Schmidt: „Man muss schon festhalten, dass die Grünen mit dieser Entscheidung der Bundesregierung sehr erfolgreich ihre Klientel zufriedengestellt haben, wenn man bedenkt, dass ein Ausstieg aus der Kernenergie in keinem anderen europäischen Land verfolgt wird – eher der Zubau – und auch die übergroße Mehrheit der Anhänger aller anderen Parteien den deutschen Alleingang bei der Kernenergie ablehnen.“

Als eine Konsequenz aus der befürchteten Unsicherheit der Energieversorgung treibt die niedersächsische Bevölkerung die Entwicklung der Energiepreise um: 81 Prozent sehen darin große Probleme für die heimische Wirtschaft, 36 Prozent befürchten die Abwanderung der Industrie im großen Stil.

Rückläufiges Interesse an E-Mobilität

Obwohl die Zulassungszahlen von Elektroautos steigen, zeigt die Trendanalyse, dass die Bereitschaft, sich ein Elektroauto zuzulegen, tendenziell eher rückläufig ist. Bei der letzten Umfrage Ende 2021 konnten sich 30 Prozent der Befragten vorstellen, ein Elektroauto anzuschaffen, gegenwärtig sind es 25 Prozent. 70 Prozent der Befragten geben an, dass zu hohe Anschaffungskosten sie vom Umstieg auf Elektroautos abhalten. Mit 58 Prozent folgt zu geringe Reichweite, dicht gefolgt von der Ladestation-Netzdichte (55 Prozent), Stromkostenentwicklung (53 Prozent) und unklarer Umweltbilanz (49 Prozent). Schmidt: „Es reicht nicht aus, politische Ziele zu formulieren, etwa 15 Mio. Elektro-Pkw bis 2030 auf Deutschlands Straßen zu sehen. Es muss schon auch der Weg dahin realistisch beschrieben sein, mit einer politischen Absichtserklärung allein ist es nicht getan. Und hier zeigt sich, dass die Politik in Brüssel und in Berlin die Rechnung offenbar ohne den Markt, ohne die Kunden gemacht hat. Seit vier Jahren weist nicht nur Allensbach auf eine mangelnde Käuferakzeptanz bei Elektro-Autos hin, ohne dass auf Seiten der verantwortlichen Politik dies bisher zur Kenntnis genommen wurde. Die jüngsten Meldungen über massive Auftragseinbrüche bei E-Autos wirken nunmehr wie eine Bestätigung aller Umfragen – und die verantwortliche Politik zeigt sich auf ganzer Linie überrascht. Man kann darüber nur noch staunen.“

Eng damit verknüpft ist die Frage, ob die politische Festlegung auf eine Technologie von der Bevölkerung tatsächlich unterstützt wird. Hier sind die Ergebnisse eindeutig: Die Forderung nach Technologieoffenheit findet in der Bevölkerung breite Unterstützung, dies gilt speziell für die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe: 61 Prozent der Niedersachsen votieren dafür, Forschung und Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen voranzutreiben, lediglich 14 Prozent teilen diese Auffassung nicht. Schmidt: „Aufschlussreich ist, dass Technologieoffenheit nicht etwa eine Frage der parteipolitischen Sympathie ist, sondern unter den Anhängern aller Parteien, auch bei den Grünen, mit großer Mehrheit befürwortet wird. Die größten Befürworter befinden sich interessanterweise mit 65 Prozent unter der jüngeren Bevölkerung, den 18 bis 29-Jährigen.“


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Mit dieser Pressemitteilung übermitteln wir Ihnen zusätzlich die Original-Grafiken des Instituts für Demoskopie Allensbach zur freien Verwendung.

Wir bitten um Beachtung des Quellenhinweises: „Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Drei Quellen-Mediengruppe“.


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Tomas Lada

Leiter Medien & Vertrieb